Stefan Baltensperger: «baltensperger.dyingpixels»

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Stefan Baltensperger: baltensperger.dyingpixels

Stefan Baltensperger: baltensperger.dyingpixels

 

baltensperger.dyingpixels
Multimedia Installation (Monitor, Computer, Bilder­rahmen, 3 x Öl und Ölpastellkreide auf Leinwand), 2011 

Globale Kommunikation und Informationsaustausch im Internet erzeugen strukturell bedingte, kultur- und sprachübergreifende Standardisierungen und Normierungen. Die Folge sind Vernachlässigung und Marginalisierung von kulturell identitätsstiftenden Ausdrucks- und Repräsentationsmöglichkeiten als Preis für weltweite Mobilität und Flexibilität. Die Wahrnehmung dieses uns prägenden Gegenwartsphänomens bildet den Hintergrund der Arbeit baltensperger des Künstlers Stefan Baltensperger.
Die Computersprache, so Baltensperger, ist der Inbegriff der modernen, genormten Sprache. Programmiersprachen basieren meist auf einem vereinheitlichten Englisch sowie auf normierten Begriffen. Kulturelle Identifikationen, wie sie natürlichen Sprachen inhärent sind, regionale oder lokale Spezifika sind dem Code-System vollkommen fremd. Der Künstler konterkariert nun die systemimmanente Anpassung, indem er eine eigene Programmiersprache entwickelt, die baltensperger heisst und im Schweizerdeutschen Dialekt geschrieben ist. Da lesen sich Befehle wie «Programmteil wo_immerwider_gmacht_wird» oder «Feischtergroessi» als künstlerische Verknüpfung von persönlicher Identität mit dem Code. Baltenspergers Intervention in ein universelles Betriebsystem – eine Sprache, die mit unserem sozialen Agieren und Kommunizieren aufs Engste verbunden ist, die aber kaum jemand lesen, geschweige denn ‹sprechen› kann – versteht sich auch als Zeichen eines Widerstands gegenüber dieser empfundenen Ohnmacht.
Die Installation baltensperger.dyingpixels basiert auf einem in baltensperger geschriebenen Code. Auf drei schwarzen Leinwänden ist in weisser Schrift der Code zu lesen, der dem digitalen Selbstportrait des Künstlers zugrunde liegt, das gerahmt als Display an der Wand hängt. Das Portrait offenbart schwarze Fehlerstellen, fehlende Bildpixel. Der Künstler hat das Portrait so programmiert, dass alle 15 Minuten eines der Pixel gelöscht wird, so dass sich das Gesamtbild ein Jahr nach dem statistisch berechneten Zeitpunkt des Ablebens des Künstlers vollkommen aufgelöst haben wird. Stefan Baltensperger wählt das Selbstporträt als traditionell künstlerisches Sujet der Selbstbefragung, als Untersuchung der eigenen Identität und der Vergänglichkeit und transportiert dieses kunsthistorische Motiv in das Zeitalter der Medienkultur, in der das Problem der Archivierung digitaler Daten, Programme und Kulturgüter immer virulenter wird. Stefan Baltensperger reflektiert diese Fragen weniger fatalistisch, als es den Anschein macht, denn viel- mehr dem Umstand angemessen provokativ und ebenso humorvoll.

/ www.stefanbaltensperger.ch
/ http://stefanbaltensperger.com

«Programmteil wo_immerwider_